Die neue Normalität in der Arbeitswelt (2/3)

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Back to the Office - Wie Präsenzkulturen gelingen

In der postpandemischen Arbeitswelt kristallisieren sich aktuell drei Strategien für die Neue Normalität heraus. Im ersten Teil dieser dreiteiligen Blogserie betrachteten wir die Remote-First-Strategie. Anhand des Unternehmens Dropbox stellten wir die wesentlichen Merkmale dieser Arbeitsplatzstrategie dar. Wir beschäftigten uns auch mit den notwendigen Voraussetzungen, um mit diesem Modell erfolgreich sein zu können.  In diesem Teil der Blogserie betrachten wir das Gegenstück zur Remote-First-Strategie, die Büropräsenz-Strategie

2.    Büropräsenz-Strategie

Während Remote-First das eine Extrem postpandemischer Arbeitsplatzmodelle darstellt, stellt die Büroprösenz das andere Extrem dar. Das Motto dieser Strategie heißt: back to the office. Prominente Beispiele hierfür sind Amazon und Goldman Sachs.

Befürworter dieser Arbeitsplatzstrategie vertreten die Ansicht, dass eine vollständige Rückkehr ins Büro der beste Weg ist, um gute Ergebnisse zu erzielen.

Hauptargumente, die hierfür vorgebracht werden, sind:

1.    Persönlicher Kontakt entspricht menschlichen Bedürfnissen.

Menschen sind soziale Wesen. Sie brauchen den persönlichen Kontakt, um (Arbeits-)beziehungen aufrecht erhalten zu können. Gerade nach den vielen Monaten der Isolation und des Social Distancing, ist der Wunsch nach sozialem Kontakt und Teilhabe an einer Gemeinschaft ausgeprägter als jemals zuvor. Die bürozentrierte Präsenzkultur entspricht genau diesem Bedürfnis.

2.    Zoom-Fatigue.

Viele Unternehmen berichten, dass der Umstieg auf Online-Kommunikation und -Zusammenarbeit einfacher war als gedacht. Rasch erkannte man die Vorteile von Remote-Arbeit, aber auch, dass viele Online-Besprechungen am Bildschirm müde machen. Der Begriff Zoom-Fatigue etablierte sich.

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Photo Credits: DC Studio, freepik.com

Einer der Gründe für Zoom-Fatigue dürfte sein, dass in Online-Besprechungen viele nonverbale Informationen verloren gehen, die im persönlichen Gespräch durch Augenkontakt, Körpersprache, Mimik und Gestik vermittelt werden. Diese fehlenden, nonverbalen Informationen müssen im Gespräch anderweitig kompensiert werden, was auf Dauer sehr anstrengt.

Ein weiterer Grund für Zoom-Fatigue dürfte sein, dass sich Videocalls schnell und unkompliziert einberufen lassen, was in vielen Unternehmen dazu führte, dass sich die Anzahl und die Taktfrequenz von Video- und Webkonferenzen, Online-Meetings, Video-Chats und Webinaren deutlich erhöhte.  Ein Online-Meeting jagt das nächste. Arbeit geschieht dann oft während der Meetings. Während man mit einem Ohr am Meeting teilnimmt, arbeitet man parallel dazu am Computer. Auch diese Form des Multitasking dürfte wesentlich zur Ermüdung beitragen.


3.    Geringerer Aufwand für Abstimmung und Koordination.

Im Büro finden zwischen Menschen viele Interaktionen statt, die informeller Natur sind oder zufällig passieren. Zusammengefasst werden diese Formen zufälliger Begegnungen unter dem Begriff Serendipität.

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Beispiele hierfür sind: Auf dem Weg zur Kaffeemaschine trifft man zum Beispiel zufällig einen Kollegen und im Gespräch erfährt man von Informationen, die das eigene Projekt voranbringen. Oder man hört zufällig das Kundengespräch des Kollegen am Telefon mit und weiß gleich über wichtige Informationen Bescheid, ohne hierfür im Nachgang extra einen gesonderten Termin zur Informationsweitergabe organisieren zu müssen. Informationsaustausch passiert beiläufig, ohne hierfür Meetings organisieren oder Textnachrichten schreiben zu müssen.


4.    Silodenken entgegenwirken.

Die Monate im Lockdown haben auch gezeigt, dass bei digitaler Zusammenarbeit der Zusammenhalt im Team nicht zwangsweise darunter leiden muss. Anders sieht es teamübergreifend aus. So stellte Microsoft bei einer Auswertung der während der Lockdowns weltweit durchgeführten E-Mail- und MA-Teams-Interaktionen fest, dass bei digitaler Zusammenarbeit Silodenken vermehrt Einzug zunimmt. (Quelle: Microsoft 2021 Work Trend Index: Annual Report)

5.    Beziehungspflege braucht persönlichen Kontakt.

Microsoft stellte im oben erwähnten Bericht auch fest: Digitale Collaboration-Tools helfen, bestehende persönliche Verbindungen aufrechtzuerhalten. Sie sind aber nur bedingt dafür geeignet sind, die Beziehung zu neuen Kollegen aufzubauen. Der ausschließliche Einsatz von Collaboration-Tools scheint daher nur für einen begrenzten Zeitraum gut zu funktionieren. Und zwar nur so lange, wie die persönlichen Netzwerke im Unternehmen oder Team stabil sind. Sobald es zu Fluktuationen kommt, neue Kollegen eintreten oder alte das Unternehmen verlassen, braucht es wieder vermehrt persönliche Treffen in Person, da es für den Aufbau einer Beziehung den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch braucht.

2.1 Erfolgsfaktoren für die Büropräsenz-Strategie

Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit eine bürozentrierte Präsenzkultur in der postpandemischen Arbeitswelt auch wirklich funktioniert?

Oberflächlich betrachtet, könnte man meinen, dass nicht allzu viele Änderungen gegenüber der Zeit vor der Pandemie notwendig sind. Die Mitarbeiter kommen einfach in ihr altes Büro zurück. Und alles ist wieder so wie früher. Leider ist es nicht so einfach. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass auch bei dieser Strategie wichtige Anpassungen am Arbeitsumfeld vorzunehmen sind, damit diese Strategie von Erfolg gekrönt ist.

Nachfolgend die wichtigsten Gründe, warum es nicht reicht, einfach nur ins alte Büro zurückzukommen:


1.    Auch in Präsenzkulturen zieht Remote-Arbeit in den Büroalltag ein.

Unternehmen agieren nicht isoliert von anderen. Da davon auszugehen ist, dass Geschäftspartner und Kunden zu Remote-Arbeit übergehen werden, müssen auch präsenzorientierte Unternehmen ihre Büroumgebung so anpassen, dass Remote-Kollaboration und -Kommunikation bzw. hybrides Arbeiten einfach möglich ist. Dies erfordert auch Anpassungen des Arbeitsplatzes und des Büros, da klassische Arbeitsplätze und Büros in der Regel nicht für hybride Arbeitsweisen ausgelegt sind.

Microsoft Work Trend Survey 2021

Die Folgen der Corona-Krise: 66 Prozent der Entscheider ziehen einen Umbau des Büros in Betracht. 73 Prozent der Mitarbeiter wollen flexible Remote-Arbeitsmöglichkeiten nicht mehr verzichten. 67 Prozent der Mitarbeiter wünschen sich wieder mehr persönlichen Kontakt und Zusammenarbeit in Präsenz. (Quelle: Microsoft 2021 Work Trend Index: Annual Report)

 

2.    Erhöhte Sensibilität hinsichtlich Sicherheit, Hygiene und Wohlbefinden.

Corona hat die Menschen sensibilisiert, was die Themen Sicherheit, Hygiene, Gesundheit und ganzheitliches Wohlbefinden anbelangt. Arbeitgeber tun gut daran, diesen Bedürfnissen entgegenzukommen und das Arbeitsumfeld im Büro entsprechend anzupassen. Die Umsetzung von Hygienevorschriften stellt dabei nur das Minimumerfordernis dar, das es gilt zu berücksichtigen. Indem Arbeitgeber vermehrt auf die Aspekte Gesundheit, Ergonomie und Wohlbefinden achten, erhöhen sie nicht nur ihre Attraktivität als Arbeitgeber, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Und obwohl der Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und Produktivität schon länger bekannt ist, hat er mit Corona das Bewusstsein diesbezüglich geschärft.

3.    Mitarbeitergewinnung und -Bindung.

„41 Prozent der Arbeitnehmer weltweit erwägen einen Jobwechsel“, dies ist das Ergebnis einer von Edelman Data x Intelligence durchgeführten Erhebung unter mehr als 31.000 Arbeitern weltweit

Hybrides Arbeiten Future of Work Microsoft Studie

41 Prozent der Arbeitnehmer weltweit erwägen einen Jobwechsel. Und 46 Prozent sind am überlegen, weil ihnen die neuen Home-Office-Optionen entsprechende Möglichkeiten eröffnen. (Quelle: Microsoft 2021 Work Trend Index: Annual Report)

Mitarbeiter haben mit Corona die Vorzüge einer verbesserten Work-Life-Integration zu schätzen gelernt. Arbeitgeber, die dies den Mitarbeitern wieder nehmen, laufen Gefahr, Mitarbeiter zu verlieren. Die Erklärung hierfür: Der enorme Infrastrukturwandel in Richtung Remote-Work senkt auch die Schwelle der Mitarbeiter den Arbeitgeber zu wechseln, einfach aufgrund der Tatsache, dass nun auch für weiter entfernte Arbeitgeber gearbeitet werden kann, ohne dafür den Wohnort wechseln zu müssen.

Wenn also eine Arbeit von zu Hause nicht möglich ist, dann muss zumindest das Büro so attraktiv sein, dass Mitarbeiter den Mehraufwand des Pendelns und die Abstriche, die sie aufgrund geringerer Vereinbarkeit von Beruf und Privat machen, in Kauf nehmen. Firmen, die auf eine Präsenzkultur Wert legen, müssen daher den Mitarbeitern ein Büroumfeld gestalten, das anziehend ist und einen Mehrwert bietet.
 

4.    Förderung von zufälligen Begegnungen.

Einer der Hauptvorteile von bürozentrierten Präsenzkulturen ist die vereinfachte Interaktion zwischen den Mitarbeitern, die oft auch zufällig oder ungeplant geschieht. Dieser Vorteil kommt aber nur dann richtig zum Tragen, wenn sich die Mitarbeiter im Raum bewegen und nicht den ganzen Tag nur am Schreibtisch oder in Meetings sitzen. Gefördert wird dies durch das sogenannte Activity-Based-Working, ein Arbeitsplatzmodell, das Hand in Hand geht mit sogenannten Multispace-Konzepten.

Multispace-Büros bieten den Mitarbeitern für unterschiedliche Aktivitäten unterschiedliche Raumangebote an. Mitarbeiter suchen sich während des Tages selbstbestimmt immer jenes Raumangebot, das für die jeweilige Aufgabe am besten ist. Bei Konzentrationsarbeit nutzen sie beispielsweise den Private Pod, in dem sie abgeschirmt von visuellen und akustischen Reizen ungestört arbeiten können. Für spontane Abstimmungen nutzen sie dann beispielsweise Huddle Spaces, die man gemeinsam mit Kollegen nutzt und die so gestaltet sind, dass man Kollegen auch virtuell hinzuschalten kann. Für die Lösung eines komplexen Kundenproblems steht dann zum Beispiel die Idea Lab mit Whiteboards und Kreativmaterial zur Verfügung. Und für das informelle Treffen am Ende zum Ausklang des Arbeitstages die Working Café Lounge, bei der man es sich in lockerer Atmosphäre am Community-Table gemütlich macht und die persönliche Beziehung zu Kollegen stärkt.

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Beispiel eines Huddle-Space, Phote Credits: Cisco

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Beispiel eines hybriden Idea Labs. Photo Credits: System180

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Beispiel eines Outdoor Private Office-Pods; Photo Credits: ConceptMA

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Beispiel einer Working Café Lounge (Photo Credits: ePunkt, Workspace Design by SYMBIOS)

Die Gestaltung des räumlichen Umfeldes ist daher neben der Unternehmenskultur der Erfolgsfaktor schlechthin, damit die Vorteile der Büropräsenzstrategien auch wirklich schlagend werden.

Damit steht die sogenannte Employee Experience, bzw. auf den Raum bezogen: die Workplace Experience im Mittelpunkt. Im New Normal der postpandemischen Arbeitswelt mehr als jemals zuvor. Andernfalls läuft man Gefahr, nicht nur Mitarbeiter, sondern generell den Anschluss zu verlieren.

In diesem und im vorherigen Teil dieser Blogserie behandelten wir zwei gegensätzliche Modelle postpandemischer Arbeitswelten. Zwischen diesen beiden Extremen befindet sich das weite Feld der hybriden Arbeitswelt, denen wir uns im dritten und letzten Teil dieser Blogserie widmen werden.


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Für nähere Informationen zu den hier vorgestellten Produkten und Projekten einschl. Besichtigung von  ConceptMA Office-Pods in der Linzer Tabakfabrik sende uns gerne ein E-Mail an: office@symbios.at

 

Photo Credits Titelbild: Nick Fewings on Unsplash






Symbios Admin

Christian Vieira dos Santos

Geschäftsführer und Arbeitswelten Designer @SYMBIOS